„Wulli & Sonja“
Oerlinghausen-Helpup (pk). Ein neues Konzertformat? In der Helpuper evangelisch-reformierten Kirche? Farbige Strahler? Und ein musikalisches Duo aus Franken, das in Ostwestfalen nahezu unbekannt ist?
Schon nach wenigen Minuten stellten sich derartige Fragen nicht mehr. Denn der Auftritt von Wulli & Sonja aus Erlangen begeisterte die Zuhörer am Sonntag von Beginn an. Mit ihrer Musik wollen Wulli Wullschläger und Sonja Tonn erklärtermaßen Freude und Zuversicht verbreiten, Mut machen, aber auch melancholischen Gefühlen Raum geben.
Das Publikum solle anschließend überzeugt sein: „Ich bin froh, dass wir da waren.“ Und dieses Ziel haben die Beiden am Ende des Abends auf jeden Fall erreicht. Dazu trugen ihr professionelles Können, aber auch ihre sympathische Art bei, das Publikum anzusprechen. Sie gaben viel Persönliches über sich preis, zum Beispiel wie sie vor 15 Jahren zueinander fanden und sich sofort eine große musikalische Harmonie ergab.
Wegen einer Erkältung konnte Wulli seine Stimme jedoch nur gelegentlich einsetzen, bei den Passagen mit tiefen Tönen ergab sich allerdings eine durchaus reizvolle Klangfarbe. Mit ihrem umwerfenden Organ machte Sonja dies ohne weiteres wett. Sie beeindruckte die Zuhörer durch eine kraftvolle Singstimme, die jeder Tonlage gerecht wurde.
Die Sängerin interpretierte Countrysongs genauso souverän wie Souliges und bei „Me and Bobby McGee“ klangen die hochemotionalen Parts als scheine Janis Joplin persönlich auf der Bühne zu stehen. Zum Repertoire gehörten englische und deutsche Coverversionen sowie Eigenkompositionen, zum Teil in fränkischer Mundart vorgetragen. Als kleine Übersetzungshilfe erläuterte das Duo den Text zuvor in Hochdeutsch.
So erzählten sie zur Melodie von „Knocking on heavens door“ von Bob Dylan die peinliche Geschichte von einem nächtlichen Bad im See: „Nackt, nackt, nackert vor der Autotür.“ Ein weiteres Lied handelte – zu einer überaus heiteren Melodie – vom Tod eines geliebten Hundes. Es dauerte nicht lange, bis der Funke übersprang und das Publikum im Rhythmus fröhlich mitklatschte.
Die deutschen Texte waren so eingängig, dass sie zum Mitsingen oder wenigstens zum Mitsummen einluden. Schnelle, rustikale Titel wechselten mit gefühlvollen, romantischen Liedern. Das „Halleluja“ von Leonard Cohen stach hier heraus und auch „Herzensland“, das Titelstück ihrer jüngsten CD. Die Eigenkomposition geriet zu einer Liebeserklärung an den Norden.
Darin wird die Weite des Meeres und die Freude über gefundene Muscheln spürbar. Hier beschreiben die beiden Franken die Nordsee als ihren persönlichen Sehnsuchtsort. Von Beginn an wurde deutlich, dass Wulli mehr als nur Begleitung lieferte. Was er mit seiner Akustikgitarre anstellte, ließ staunen. Wie rasant er die Saiten bearbeitete, improvisierte Soli einbaute und dabei noch kleine Späße veranstaltete, war schon rekordverdächtig.
Dabei vermittelte der Profimusiker den glaubhaften Eindruck, dass er mehr aus Vergnügen auftrat und ihm das Honorar eher zweitrangig war. Die Kraft der Musik könne Tränen fließen lassen, meinte Sonja. Einer der wenigen, die dies erreichen, sei der Liedermacher Reinhard Mey. Er sei ihr großes Vorbild.
Da war es kein Zufall, dass Wulli und Sonja ihr Konzert mit „Gute Nacht Freunde“ beendeten. Zwischendurch gab es eine bewusst ausgiebig angelegte Pause. Im Namen der Kirchengemeinde lud Pfarrer Stefan Weise die Besucher zu Saft, Wein, Bier und Käsespießen ein. Sein Hinweis, auch ins Gespräch zu kommen und sich über die Musik, Gott und die Welt auszutauschen, war eigentlich überflüssig.
Die Zuhörer waren dankbar, Kontakt aufzunehmen und miteinander reden zu können. Von diesem neuen Format dürfte insofern noch einiges zu erwarten sein.