15. Gewässerkonferenz für Ostwestfalen-Lippe bei der Bezirksregierung Detmold
Zwischen Hoch- und Niedrigwasser: Gewässer der Extreme im Blick
Detmold. Die 15. Gewässerkonferenz zum Thema „Gewässerbewirtschaftung zwischen Niedrig- und Hochwasser“ ist auf reges Interesse bei Vertretern von Kommunen, Kreisen und Verbänden sowie bei Bürgerinnen und Bürgern gestoßen. Regierungspräsidentin Anna Katharina Bölling begrüßte mehr als 300 Teilnehmende, die zum ersten Mal digital zugeschaltet waren.
„Unsere Gewässer sind mehr denn je klimatischen Veränderungen ausgesetzt. Niedrige Wasserstände und lokale Starkregenereignisse können eine Bedrohung für Mensch, Tier und die Infrastruktur darstellen. Das Land NRW und die Bezirksregierung nehmen diese Themen sehr ernst. Ziel der diesjährigen Gewässerkonferenz ist es, die Klimaentwicklung in den Blick zu nehmen und Anforderungen der Gewässerbewirtschaftung aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten“, so Bölling in ihrer Begrüßung.
Die Gewässerkonferenz 2022 griff zwei aktuelle Schwerpunkte auf: Auf der einen Seite führen anhaltende Trockenphasen zu trockenfallenden Gewässern und sinkenden Grundwasserständen. Auf der anderen Seite sorgt die Zunahme von Starkregenereignissen für eine Verschärfung von Hochwassersituationen. Experten aus dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV), dem Ministerium für Umwelt, Natur und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen (MUNV), der Landwirtschaftskammer, des Ingenieurdienstes IWUD GmbH und der Bezirksregierung widmeten sich aktuellen Entwicklungstrends und praktischen Fragestellungen wie Einleitungen oder Entnahmen von Wasser in Trockenzeiten. Lokale Projekte dienten als Anschauungsbeispiele, wie naturnahe Gewässerentwicklung einen wichtigen Beitrag zum Schutz vor Hochwasser und den Auswirkungen von Trockenphasen bietet.
In Ostwestfalen-Lippe läuft seit Ende 2021 der dritte Bewirtschaftungsplan, um einen guten Zustand an den Gewässern im Bezirk zu erreichen. Bis 2027 soll mit der Umsetzung der Programmmaßnahmen begonnen werden. Eine besondere Herausforderung stelle hierbei die zunehmende Trockenheit von Gewässern dar, berichtete Michael Neuhaus, Leiter der Wasserrahmenrichtline-Geschäftsstelle bei der Bezirksregierung.
Strategien gegen Dürre und Hochwasser in NRW
Die Hochwasserereignisse im vergangenen Jahr haben deutlich gemacht, wie wichtig der Schutz vor Hochwasser und Starkregen ist. Roland Funke, Leiter des Fachbereichs Hydrologie beim LANUV NRW, griff daher den 10-Punkte-Plan „Hochwasserschutz in Zeiten des Klimawandels“ des Umweltministeriums auf. Entscheidend aus Sicht des LANUV seien mehrere Aspekte: der Aufbau und stetige Betrieb von Hochwasservorhersagesystemen für so viele Gewässer wie möglich, die Erweiterung und Verbesserung des Hochwasserpegelnetzes sowie die Modernisierung der Information der Öffentlichkeit.
Gleichzeitig sind die Gewässer in NRW von geringen Niederschlägen und hoher Trockenheit geprägt. Dem gegenüber steht ein gestiegener Wasserbedarf in den Sommermonaten. Für eine nachhaltige und klimaresiliente Bewirtschaftung von Grundwasser und Oberflächengewässern sind daher künftig Anpassungsstrategien erforderlich. Tobias Gaul aus dem Umweltministerium dazu: „Die Trinkwasserversorgung hat gesetzlich ausdrücklichen Vorrang und ist nicht gefährdet. Darüber hinaus müssen wir aber für die Zukunft Regeln und Kriterien entwickeln, wie verfügbares Wasser auf die bestehenden Wassernutzungen verteilt wird.“
Abwasserbeseitigung und landwirtschaftliche Bewässerung im Kontext des Klimawandels
Nicole Tümmers, Dezernentin für „Industrielle Abwasseranlagen und Einleitungen“ bei der Bezirksregierung, legte ihren Fokus auf den Einfluss von Klimaveränderungen auf die Abwasserbeseitigung. Starkregenereignisse können Abwasseranlagen hydraulisch überlasten, gleichzeitig steigen der Abwasseranteil und damit die Konzentration von Schadstoffen in Gewässern während Trockenphasen. Kühlwasser- und Abwassereinleitungen können bei niedrigem Wasserstand zu einer stärkeren Erwärmung der Gewässer führen. Durch diese Effekte wird die Erreichung der Bewirtschaftungsziele erschwert.
Auch auf die Landwirtschaft hat die Trockenheit großen Einfluss: Die Bereitstellung einer ausreichenden Wassermenge zur Bewässerung für die regionale Erzeugung von Lebensmitteln wird in Zukunft auch eine gesellschaftliche Aufgabe sein. Investitionen der Landwirte in eine wassersparende Technik und einen optimierten Bewässerungseinsatz sind wichtige Schritte für eine effizientere Wassernutzung, berichtete Angela Riedel von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen.
Renaturierungen als praktische Beispiele
Flussrenaturierungen leisten einen wichtigen Beitrag zum Schutz vor Hochwasser und den Auswirkungen ausgeprägter Trockenphasen. Kai Otte-Witte, Geschäftsführer von IWUD GmbH, berichtete über ein aktuelles Projekt an der Nethe bei Brakel. Der Fluss wird zum Schutz vor Hochwasser in der Ortschaft Hembsen renaturiert. Bereits abgeschlossen ist die Renaturierung der Lippe bei Paderborn-Sande. Anna Morsbach, zuständige Dezernentin bei der Bezirksregierung, fasste die Erfolge zusammen: Seit April 2021 sucht sich der Fluss seinen eigenen Weg durch Flutmulden und Nebenrinnen. Viele heimische Tier- und Pflanzenarten besiedeln die neu entstandenen Lebensräume im Fluss und in der Aue. Es ist ein widerstandsfähiges Ökosystem entstanden, welches mit den wechselnden Umweltbedingungen von Trockenheit bis Hochwasser gut zurechtkommt.