Dedert, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Herford-Bielefeld: „Die Ernten auch in unseren Breitengraden werden deutlich unsicherer.“
Herford-Bielefeld/wlv (Re) „Dieses Jahr zeigt uns einmal wieder, wie sehr wir ein Teil der Natur sind“, sagt Hermann Dedert, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Herford-Bielefeld zum bevorstehenden Erntedankfest. In früheren Zeiten hätte so ein Jahr mit dem vielen Regen zu Hunger und Mangelernährung geführt, sagt Dedert.
„Zum Erntedankfest wird uns besonders bewusst, wie froh wir sein können, dass dies heute bei uns nicht mehr der Fall ist“, unterstreicht Dedert: „Wir sind dankbar für die eingebrachte Ernte in diesem Jahr.“
Das Wetter hat sich gewandelt, die Klimaveränderung ist gegenwärtig. „Die Ernten auch in unseren Breitengraden werden deutlich unsicherer“, schildert Dedert. Er berichtet von den widrigen Wetterbedingungen mit dem vielen Regen bei der Aussaat im Herbst bis zur Ernte in diesem Sommer. Die diesjährige Getreideernte fällt daher nur unterdurchschnittlich aus. Dagegen profitierten vom Regen der Mais, die Wiesen und die Wälder.
Noch ist zu Erntedank nicht alles vollständig eingebracht
Die Feldfrüchte Kartoffeln, Zuckerrüben und Mais werden derzeit geerntet. Bei den Kartoffeln sei es absehbar, dass sich das Angebot – insbesondere durch die durch Krautfäule – verknappt.
„Den Kartoffeln machte in diesem Jahr das feuchte Wetter zu schaffen“, so Dedert. Die nasse Witterung habe die Kraut- und Knollenfäule extrem begünstigt. „Wir sind froh, dass es Mittel gibt, um den Pilz, der die Kraut- und Knollenfäule verursacht, zu bekämpfen, sonst könnten wir in diesem Jahr kaum eine gesunde Kartoffel ernten“, sagt der Landwirte Vorsitzende.
Bei den Zuckerrüben zeigen sich mengenmäßig gute Erträge bei etwas unterdurchschnittlichen Zuckergehalten. Dedert: „Der Zuckergehalt ist zwar besser als nach dem Regensommer 2023, liegt aber unter dem fünfjährigen Durchschnitt.“ Die Bauern wünschen sich hier einen sonnigen Herbst, damit die Rüben reichlich Photosynthese betreiben und somit Zucker erzeugen können.
Dauern wird die Rübenernte noch bis in den Dezember, der Transport zur Zuckerfabrik bis in den Februar hinein.
Bei Mais erwarten die Landwirte eine gute bis sehr gute Ernte. Mais sehe man gerade in diesem mehr als in den Jahren, so Dedert. Das liege daran, dass es aufgrund des extrem nassen Herbstes 2023 auf so mancher Fläche nicht möglich gewesen sei, Wintergetreide auszusäen.
„Dann blieb uns häufig nichts anderes übrig, als im Frühjahr auf diesen Flächen Mais anzubauen“, so Dedert.
„Das Jahr 2024 zeigt, wie wichtig Pflanzenschutzmittel sind“, verdeutlicht der Vorsitzende. „Genauso wie es für den Menschen Medikamente gibt, sind wir froh, dass wir bei Pflanzenkrankheiten etwas Gutes für die Pflanzen tun können und Mittel haben. Ohne sie wären die Erträge und Qualitäten noch schlechter ausgefallen“.
Dedert hält daher nichts von pauschalen Verboten von Pflanzenschutzmitteln, ebenso von pauschalen Einschränkungen bei der Düngung: Diese machen die Erzeugung von Getreide in Backqualität teilweise unmöglich, also von Weizen für die Humanernährung.
Deutschland und große Teile der Europäischen Union sind eine ackerbauliche Gunstregionen. Durch immer überzogenere und praxisfernere Auflagen geht die Getreideerzeugung immer weiter zurück. Dies verursacht nicht direkt eine Knappheit in der EU. Auf Dauer erzeugt dies aber neue Abhängigkeiten. So wird bisher Weizen von der EU an Länder wie Algerien, Marokko oder Ägypten geliefert.
Diese Handelsbeziehung würde verloren gehen. Staaten wie Russland könnten diesen Bereich ersetzten, also Länder, die mit „Hunger als Waffe“ ihre geopolitische Position ausbauen wollen. Hier fordert Dedert ganz klar von der Politik eine bessere Balance zwischen Ertragssicherung sowie Umwelt- und Klimaschutz
„Denn diese ist möglich, wenn nicht immer mehr und dazu praxisferne Vorgaben kämen, sondern praxistaugliche Verfahren. Deshalb brauchen wir Vielfalt und Gestaltungsspielraum in der Anbauplanung“, so der Vorsitzende. „Wir brauchen Ackerbau und Tierhaltung sowie Biogas im Zusammenspiel für eine vielfältige Ernährung und Energieversorgung.“
Es brauche Forschung und Förderung. Und davon profitiere dann auch der kooperative Umwelt- und Naturschutz. Der Landwirte Vorsitzende fordert die Politik auf, Ernährungssicherung und -souveränität endlich zum Staatsziel zu erklären. Das schließt für ihn ein: Nahrungserzeugung und Artenerhalt/ Biodiversität in Einklang zu bringen. Tierschutz und Umwelt- und Naturschutz seien für die heimischen Landwirte hohe Güter. Und gerade auch dabei seien praktikable politische Regelungen für die Zukunft der heimischen Betriebe unerlässlich.
Dedert: „Zum Glück von Naturkatastrophen verschont“
Abschließend der Vorsitzende: „Trotz aller Witterungsextreme sind wir zum Glück von größeren Extremen und Naturkatastrophen verschont geblieben.“ Er denkt hier beispielsweise an das Hochwasser im Osten Europas, die Waldbrände oder auch die extrem hohen Temperaturen von zum Teil 50 Grad Celsius in anderen Ländern der Welt. „Dieses vor Augen lässt uns nachdenklich und gleichzeitig dankbar auf das Jahr zurückschauen.“, so der Vorsitzende.