Die „Warendorfer Praxis“ in Lippe

Stehen für aktive Netzwerkarbeit und multiprofessionelle Zusammenarbeit (von links): Nicole Krüger, Katharina Schildheuer, Andreas Hornung und Lina Janzen (Frauenberatungsstelle Alraune). Foto: Kreis Lippe

30 Fachkräfte bilden sich weiter zum Thema Partnerschaftsgewalt

Kreis Lippe. Auf Initiative des Kooperationsgremiums „Für Lippe gegen häusliche Gewalt“ hat jetzt die Fachveranstaltung „Die Warendorfer Praxis“ im Detmolder Kreishaus stattgefunden. „Partnerschaftsgewalt“ und „Umgang nach Gewalt“ sind hochaktuelle Themen. Sie stellen eine große Herausforderung dar, vor allem wenn Kinder im Familiensystem mit betroffen sind.

„Warendorfer Praxis“

Die „Warendorfer Praxis“ ist ein von multiprofessionellen Fachkräften entwickeltes und abgestimmtes Verfahren, das in Fällen von Trennung und Scheidung bei Sorge- oder Umgangsrecht Anwendung findet.

Katharina Schildheuer, Psychologin in der Frauenberatungsstelle Warendorf, und Andreas Hornung, Richter am Oberlandesgericht Hamm, haben das Konzept der „Warendorfer Praxis“ mitentwickelt und nun über 30 teilnehmenden Fachkräften aus den lippischen Jugendämtern und verschiedenen Beratungseinrichtungen praxisnah vorgestellt.

„Das Ziel des Konzepts ist eine von beiden Elternteilen getragene Einigung, die möglichst schnell und ohne belastendes Gerichtsverfahren durch individuelle Beratung der Elternteile erarbeitet wird“, erklärte Richter Hornung. Für Fälle von häuslicher Gewalt sind darüber hinaus eigene Standards entwickelt und in einem Leitfaden zur Verfahrensweise zusammengestellt worden.

Gewaltkreislauf effektiv unterbrechen

Diesem galt das besondere Interessen der lippischen Fachkräfte, denn auch Katharina Schildheuer bestätigte: „Alle Instrumente, wie die Trennungs- und Scheidungsberatung oder die familiengerichtliche Verfahrensführung bis hin zur letztlichen Entscheidung, müssen die Erscheinungsweise und Wirkung der komplexen Dynamik bei Gefährdung durch häusliche Gewalt mitberücksichtigen. Nur so kann der der Gewaltkreislauf effektiv unterbrochen und der Kinderschutz in den Mittelpunkt gestellt werden.“

In Arbeitsgruppen sind die Anwesenden anhand von Leitfragen und mit anonymisierten Stellungnahmen aus den verschiedenen Professionen heraus in den fachlichen Austausch gegangen. So bestand auch das Angebot, aus eigenen praktischen Bezügen heraus beispielhaft an eigenen Stellungnahmen an das Familiengericht im Kontext häuslicher Gewalt zu arbeiten oder Gutachten näher zu betrachten.

Praxiserfahrungen aus der Netzwerkarbeit

Auf Seiten der Referierenden wie auch der Fachkräfte bestand Einigkeit, dass Netzwerkarbeit neben einer gemeinsamen Haltung ein gemeinsames Fallverständnis umfassen müsse. „Dieses beinhaltet, über die Institutionen hinweg einen Perspektivwechsel vorzunehmen und diesen professionell für das Fallverstehen zu nutzen“, unterstrich Gleichstellungsbeauftragte Nicole Krüger vom Kreis Lippe in ihrer Zusammenfassung.

Die Fachveranstaltung steht am Anfang verschiedener Aktionen in Lippe im Rahmen von „Orange the world“ und der Aktionswochen gegen Gewalt an Frauen im November.

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