Kreis Lippe bringt Haushalt 2024 ein

Landrat Dr. Axel Lehmann (l.) und Kreiskämmerer Rainer Grabbe bei der Haushaltseinbringung im Kreistag. FOTO: KREIS LIPPE

Nachhaltig sparen und Zukunft sichern

Kreise und Kommunen stehen vor noch nie dagewesenen finanziellen Herausforderungen – so auch Lippe. Das wurde bei der ersten Kreistagssitzung des Jahres noch einmal deutlich, bei der Landrat Dr. Axel Lehmann und Kämmerer Rainer Grabbe den Haushalt für das Jahr 2024 eingebracht haben.

Bei der Etataufstellung musste der Kreis Lippe ein wahres Kunststück vollbringen und ein im Vergleich zum Vorjahr fast 57 Millionen Euro großes Loch in der Kreiskasse stopfen. Das Ziel: Nachhaltig sparen, aber Zukunftsthemen weiter entwickeln.

„Die ohnehin prekäre finanzielle Lage der Städte, Gemeinden und Kreise hat sich gegenüber letztem Jahr leider noch einmal rasant verschlechtert“, konstatiert Landrat Dr. Axel Lehmann.

Vor allem in drei Bereichen sind die Kosten explodiert: Zur Finanzierung der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung muss der Kreis Lippe inzwischen fast 120 Millionen Euro an den Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) gen Münster überweisen – und damit über 21,6 Millionen Euro mehr als noch vor zwei Jahren.

Hinzu kommen immense Kostensteigerungen im ÖPNV. Und nicht zuletzt muss der Kreis Lippe zur Deckung der Kosten im Bereich Flüchtlinge immer mehr Geld in die Hand nehmen, um diese von Bund und Land übertragene Aufgabe stemmen zu können.

Kreisumlage: Kreis Lippe geht für die Kommunen ins Risiko

Das alles hat zur Folge, dass der Kreis Lippe zum einen den finanziellen Gürtel wesentlich enger schnallen muss als er ohnehin schon sitzt. Zum anderen kommt er nicht umhin, die Kreisumlage zu erhöhen. Diese wird um 20,6 Millionen Euro steigen, was für die 16 lippischen Städte und Gemeinden eine Kreisumlage in Höhe von 227,9 Millionen Euro bedeutet.

Eine Summe, die allerdings um fünf Millionen Euro geringer ausfällt als ursprünglich kalkuliert (232,9 Millionen Euro). Dies ist insbesondere möglich durch die erst zu Weihnachten beschlossene niedrigere LWL-Umlage und einem erhofften höheren Entlastungsbetrag bei den Flüchtlingskosten (1,85 Millionen Euro).

„Hier gehen wir für unsere Kommunen bewusst ins Risiko, da überhaupt noch nicht klar ist, ob und in welcher Größenordnung diese Ausgaben vom Bund und Land gegenfinanziert werden“, unterstreicht Kämmerer Rainer Grabbe.

Darüber hinaus hat der Kreis Lippe noch einmal an zahlreichen kleineren und größeren Stellschrauben im Haushalt gedreht, um die Ausgaben zu reduzieren. Das betrifft unter anderem Einsparungen im Stellenplan in Höhe von drei Millionen Euro.

Kürzungen bei den freiwilligen Leistungen – Ausgleichsrücklage wird verbraucht

Eingeplant ist außerdem ein globaler Minderaufwand in Höhe von sechs Millionen Euro. Um dieses Einsparziel zu erreichen, ist dem Kreistag eine von den Kommunalpolitikerinnen und -politikern eingeforderte Übersicht vorgelegt worden, die sämtliche in der Ertrags- oder Aufwandshöhe beeinflussbare Leistungen des Kreises Lippe enthält. Die nun folgenden Haushaltsplanberatungen in Ausschüssen, Fraktionen und Gruppen müssen ergeben, an welchen konkreten Stellen Ausgaben reduziert werden sollen.

Um am Ende eine „schwarze Null“ zu erreichen, greift der Kreis Lippe auf seine komplette Reserve aus der Ausgleichsrücklage – also seinen Dispo – zurück und fährt diese damit auf null.

Eine Möglichkeit, die für das Folgejahr 2025 dann nicht mehr zur Verfügung steht. Täte der Kreis das nicht, würde die Kreisumlage entsprechend höher ausfallen. Insgesamt deckt der Kreis Lippe seine Mehraufwendungen nur zu einem Drittel über die Kreisumlage. Die übrigen Einsparungen erwirtschaftet er selbst.

Herausforderung

„Wenn man sich vor Augen führt, dass 96 Prozent der Aufgaben des Kreises Lippe aus Pflichtleistungen bestehen und hier nur ein geringer Gestaltungsraum besteht, bekommt man eine Vorstellung von der Herausforderung, vor der wir stehen“, sagt Landrat Dr. Lehmann.

Die nun folgenden Haushaltsplanberatungen würden sicherlich nicht einfach – und an der ein oder anderen Stelle auch ungemütlich. Dennoch fordert er die Kreistagsmitglieder dazu auf, sich mit konstruktiven Vorschlägen einzubringen. Das Ziel aller Beteiligten müsse es sein, in der Kreistagssitzung im März einen genehmigungsfähigen Haushalt zu verabschieden.

Zukunft sichern – Appell an Bund und Land: Kommunen droht der finanzielle Schiffbruch

Die Kommunalfinanzen rutschen in eine dauerhafte Schieflage und engen Spielräume für zukunftsgerichtete Investitionen und Maßnahmen ein. „Wir werden sehr gezielt aber auch in 2024 in die großen Themen demografischer Wandel, Arbeitskräftemangel, Klimaschutz, Mobilität, Gesundheit und Digitalisierung investieren.

Wir müssen sparen ohne kaputt zu sparen und trotzdem Zukunft gestalten“, sagt Dr. Lehmann. So sieht der Haushalt Investitionen insbesondere ins Klinikum, in Rettungswachen und die Klimaerlebniswelt vor.

Im Haushalt 2023 hat der Kreis allein Einsparungen in Höhe von sieben Millionen Euro realisiert, die auch 2024 und in den Folgejahren umgesetzt werden. Zudem wurde ein weiteres Einsparpotential von über einer Million Euro durch die im Herbst letzten Jahres erlassene Haushaltssperre erzielt.

„Uns steht trotz erfolgreicher Sparbemühungen und einer guten Haushaltsführung, die uns auch die Gemeindeprüfungsanstalt NRW bescheinigt hat, finanziell gesehen das Wasser bis zum Hals“, erklärt Grabbe. Hauptursache sei hier die mangelhafte Gegenfinanzierung von Aufgaben durch Bund und Land im Bereich ÖPNV, Eingliederungshilfe und Flüchtlinge.

„Der gesamten kommunalen Familie geht es ähnlich schlecht, wir alle sitzen gemeinsam in einem leckgeschlagenen Boot“, verdeutlicht der Landrat. Und die Prognosen für das Jahr 2025 sehen noch einmal finsterer aus, die Zeiten stehen auf Sturm.

„Deshalb müssen Berlin und Düsseldorf endlich ihrer Verantwortung gerecht werden und den Kommunen den finanziellen Rettungsring zuwerfen“, appelliert Dr. Lehmann an Bund und Land.

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