NABU – Zukunftskonzept des Kreises Lippe

Neu angelegtes Wiesengewässer in Leopoldshöhe. Foto: NABU Leopoldshöhe/Ewald Thies

NABU Leopoldshöhe – Notwendigkeiten, Erfordernisse – Erwartungen des Naturschutzbundes

Der NABU erkennt dringenden Handlungsbedarf beim Ackerwildkräuterschutz im Kreis Lippe. Ackerwildkräuter erfüllen wichtige Aufgaben in der Natur, sie sind Nahrung für viele Spezialisten unter den Insekten.  Weniger als ein Zehntel der Ackerwildkräuter verursachen nennenswerte Ertragseinbußen. Sie sind die Artengruppe mit den meisten gefährdeten Arten in Deutschland. Viele von ihnen haben für Insekten attraktive Blüten oder bieten anderweitig Futter und Lebensraum für Wildtiere.

Der Naturschutzbund hält es auch für wichtig, für Feld- und Wegraine in den Kommunen unter Mitwirkung des Kreises ein Bewirtschaftungskonzept zu erstellen. Weil Biotope immer mehr verinseln, oft nur noch isoliert existieren, ist zur Vernetzung von Lebensräumen ein Verbundsystem notwendig, sind Trittsteine in der Landschaft zu etablieren.

Im Kreis Gebiet existieren in großer Zahl Ausgleichsflächen, neue kommen ständig dazu. Diese Flächen sollen dem Natur- und Artenschutz dienen. Die ökologische Aufwertung von Kompensationsflächen bzw. die fachgerechte Pflege  ist notwendig, damit diese Flächen ihre Funktion im Biotopverbundsystem erfüllen. Als Arbeitsschritte wäre neben der systematischen Flächenerfassung eine Defizitanalyse sowie die Erarbeitung und Umsetzung von Pflegekonzepten erforderlich.

Zielsetzung des NABU Kreis Verbandes

Das lässt sich allerdings nur umsetzen, wenn beim Kreis personell die Voraussetzungen geschaffen werden. Die Neuanlage von 100 Kleingewässern, die Verbesserung des ökologischen Zustandes vorhandener Kleingewässer im Kreis Lippe ist eine Zielsetzung des NABU Kreis Verbandes. In der lippischen Kulturlandschaft sind Kleingewässer insbesondere für Amphibien, Muscheln, Wasserinsekten, Röhricht-, Sumpf – und Wasserpflanzen wichtige Lebensräume.

In einigen Kommunen, so etwa in Leopoldshöhe, sind dabei u.a. mit guter Kreis Unterstützung schon etliche Gewässer neu angelegt und verlandete Tümpel entschlammt worden. Andernorts besteht dagegen noch ein enormer Nachholbedarf.

Viele Straßen in Lippe sind regelrechte Todeszonen für wandernde Kröten, Frösche, Salamander und Molche; wo Amphibienwanderungen stattfinden, fordert der NABU Lippe den Ersatz variabler Amphibienzäune durch feste Leiteinrichtungen, wo immer es möglich ist.

Die lippischen Bergheiden sind akut bedroht, dringend geht es um eine Verbesserung der Pflege dieser Sonderstandorte. In Lippe gibt es landesweit bedeutsame Bergheiden (u.a. Velmerstot, Hohe Warte, Vogeltaufe, Externsteine-Bärenstein) deren Pflege-und Erhaltungszustand absolut nicht optimal ist.

Mergelkuhlen

Auch Mergelkuhlen zählen zu den Sonderstandorten. Die Ausgangslage ist, dem Zuwachsen, der Verbuschung und der Verwaldung dieser Lebensräume entgegenzuwirken. Als Zielsetzung muss gelten, solche Lebensräume freizustellen und freizuhalten, ihren Entwicklungszustand durch Offenhaltung und Pflege deutlich ökologisch aufzuwerten.

Mergelkuhle in Leopoldshöhe. Foto: NABU Leopoldshöhe/Ewald Thies

Zur Verbesserung des ökologischen Zustandes von Moorflächen, Sümpfen, Bruchwäldern und Nass-und Feuchtland, der Erhöhung der Biodiversität geschützter Biotope fordert der NABU Lippe schon länger die Aktivierung von CO² – Senken im Kreis Gebiet durch Wieder Vernässung und Optimierung des Wasserhalts – eine in Zeiten von gravierenden Klimaveränderungen und schwerwiegenden Artenverlusten wichtige Forderung!

Folgen der Flutkatastrophe in NRW

Die Folgen der Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen vor zwei Jahren waren dramatisch: Das Unwetter Mitte Juli 2021 forderte 49 Menschenleben in NRW, Hochwasser und Sturzfluten verwüsteten zahlreiche Fluss- und Bachtäler, Städte und Gemeinden und verursachten vielfaches menschliches Leid. Noch sind nicht alle Schäden behoben, doch die Verkehrsinfrastruktur ist größtenteils wiederhergestellt. Es wurden aber auch Bäche und Flüsse wieder begradigt und befestigt, Ufergehölze gerodet und Auen weiter von ihren Flussläufen abgeschnitten.

Vielerorts werden damit die Ursachen, die zu dieser Katastrophe geführt haben, weiter ignoriert. „NRW setzt unbeirrt vorrangig auf den technischen Hochwasserschutz und vertut damit die Chance Naturschutz, Klimaschutz und Katastrophenschutz stärker zusammen zu planen und vor allem umzusetzen“, gibt Dr. Heide Naderer, Vorsitzende des NABU NRW zu bedenken.

Nachhaltiger Schutz

„Für Mensch und Natur sollte vorrangig in dauerhafte und funktionierende Prävention durch natürlichen Hochwasserschutz investiert werden. Nachhaltiger Schutz ist nur mit der Natur herzustellen – nicht gegen sie“, so Naderer weiter. Dürren und Starkregenereignisse werden uns infolge der Klimakrise häufiger und heftiger treffen. „Um die Auswirkungen solcher Extremwetter abzumildern, müssen wir damit aufhören, Wasser immer effektiver abzuleiten. Vielmehr müssen wir unsere Landschaften wieder so gestalten und bewirtschaften, dass sie mehr Wasser speichern können“, erklärte die NABU-Landesvorsitzende.

Deshalb müssen Bäche und Flüsse stärker renaturiert, die Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie endlich umgesetzt werden. Ausweichräume in den Auen müssen erweitert sowie umfassend Versickerungsraum im Siedlungsbereich geschaffen werden.

Das vom Europäische Parlament verabschiedete Gesetz zur Wiederherstellung der Natur (Nature Restoration Law) zeigt hier den weiteren Weg auch für NRW auf. Naderer: „Das Votum des Europaparlaments ist ein wichtiger Schritt für die Wiederherstellung von zerstörten Ökosystemen. Unsere geschundene Natur, unsere Flüsse und Böden brauchen Raum und Vernetzung, um sich zu entfalten. Das ist wichtig für den Schutz bedrohter Arten, für Ökosysteme und den Biotopverbund. Es hilft aber auch uns Menschen, um die Natur- und Klimakrise besser zu bewältigen und langfristig Kosten für die Beseitigung von Schäden zu sparen.“

Dazu gehöre zwingend eine Gewässerpolitik in NRW, die neben den notwendigen technischen Maßnahmen, wie weiteren Warnpegelstandorten, einer verlässlichen Hochwasservorhersage und Überlegungen auch für bauliche Maßnahmen, den Fokus auf Wieder Vernässung und Entsiegelung von Flächen setze, um so den Gewässern vorsorgend wieder den notwendigen Raum zu geben.

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